So ein Blog ist und bleibt ja auch immer eine Art Selbsthilfe. Gedanken müssen niedergeschrieben und veröffentlicht werden, damit sie den eigenen Kopf nicht mehr belasten….oder wenigstens weniger.
Was mir schon lange im Kopf geistert ist eine Auseinandersetzung mit der Geißel unserer modernen Gesellschaft… Radfahrer:innen. Und ja, ich bleibe hier ganz vorsätzlich beim Gendern, denn gerade im Radfahren zeigt sich, wie emanzipiert wir in der Gesellschaft mittlerweile sind. Da ist nämlich alles, was ich im Folgenden beschreibe, nach meiner Beobachtung, auf alle Geschlechter anwendbar.
Bei Radfahrer:innen gibt es verschiedene Typen. Die beleuchten wir mal.
Zum einen sind da die meist schon etwas älteren Radfahrer:innen, die sich extra für den Urlaub neue E.Bikes und einen Fahrradträger für das KFZ gekauft haben, um mit den absurd teuren Bewegungshilfen an einen Ort zu fahren, deren Terrain sie nicht kennen, geschweige denn das E-Bike, das sie, damit es nicht schmutzig werde,nur einmal beim Händler “probegefahren” sind.
Die kreuchen jetzt also mit ihren arthritischen Gelenken aber E-Motor-unterstützt über die Radwege oder Straßen der Urlaubsregion… von Sicherheit beim Umgang mit dem Gefährt kann keine Rede sein, trotzdem kullern die Dinger ja gern mal 30 km/h und mehr… aber immer mit Helm… wenigstens das hat sich mittlerweile etabliert, hilft aber nicht gegen Brüche der unteren und oberen Extremitäten, wenn man die Anforderungen des Geländes und der Verkehrssituation unterschätzt hat… die Rettungssanitäter in den Urlaubsregionen werden das bestätigen können.
Dann gibt es die Überzeugungstäter … Singlespeed ohne Bremse und Beleuchtung quer durch die Urbanität… Auch das ist prinzipiell erstmal weniger clever, wenn auch vielleicht immernoch mit einem gewissen Coolnessfaktor belegt… ist aber trotzdem doof. Gerade wenn man eine Entschuldigung nuschelnd über einen Fußgängerweg rollt, den Fußgänger:innen gerade betreten wollen. Oder die rote Ampel wegen der nassen Straße, den schmalen Reifen und der fehlenden Bremse einfach mal ignoriert… alles möglich … aber doof.
Das lässt uns nahezu ungebremst zu den radfahrenden Student:innen kommen. Fand früher der Protest gegen gesellschaftliche um- und Missstände vornehmlich mit ungewaschenen Haaren im gebraucht erworbenen Bundewehrparka auf einer Demonstration statt und wurde nach deren Beendigung der Erfolg bei Unmengen Bier und Zigaretten diskutiert, findet man Student:innen heute gern auf dem Fahrrad fahrend in Fußgängerzonen mit Fahrradfahrverbot. Die auch ganz ungeniert und umso diskutierfreudiger, wenn die Ordnungsmacht dies, leider viel zu selten, zu ahnden versucht. Dabei verhalten sich radfahrende Student:innen gerne übertrieben selbstbewusst und -sicher, dass man ihnen auch schonmal rücksichtslos egoistische Verhaltensweisen nachsagen könnte.
Ist das Studium dann beendet mutieren ehemalige Student:innen gerne zu urbanen Großstadttier:innen, die neuerdings oft und gern mit einem dieser Lasten-E-Bikes zu Erober:innen ihres Kiezes werden. Und hier setzt dann jedes Sozialverhalten gern mal aus und in der Kombination aus Zeitnot und der Überzeugung, dass Brutpflege alles rechtfertigt, wird dann das neumodische Individuum zum Tier im Eroberungsmodus und kennt weder STVO noch sozialadäquates Verhalten. Gehwege sind immer auch Fahrbahnen und Parkplätze je nachdem was gerade gebraucht wird, Fußgänger sind eh nur hinderliche Objekte währende der Entfaltung der modernen Spießigkeit in der am besten alles und jeder ökologisch, nachhaltig sein soll. Da ist es auch egal, ob der sowieso schon schmale Fußweg noch mit zweireihig angeschlossenen Fahrrädern halbiert wird… oder man bringt, in Ermangelung an geeigneten Flächen, seinen noch nicht eingeschulten Nachkömmling:innen das Radfahren, wie die Löwin den Jungen das Jagen, direkt im Revier bei, andere Verkehrsteilnehmer müssen sich halt damit abfinden und das gefälligst gut finden.
So gut und richtig ich es finde, gegenseitig aufeinander Rücksicht zu nehmen und ein Miteinander zu leben, dass die Freiheiten und Bedürfnisse aller so gut wie möglich berücksichtigt, sehe ich mich mit genau dieser Einstellung mittlerweile gerade in der Gruppe der radfahrenden Mitbürger:innen auf verlorenem Posten,
Diese Lieblinge neuer grüner Verkehrspolitik bekommen gerade im städtischen Raum immer mehr Rechte zugesprochen, die sie gerne annehmen, dabei aber oft und gern vergessen, dass damit eben nur der Weg in eine gleichberechtigte Teilnahme am Verkehr in Zukunft erreicht werden soll. Eine Befreiumg von sämtlichen Verkehrsregeln und den guten Sitten soll das wohl nicht sein.
Allein die Ausstattung von vielen dieser Gefährte kann und darf eigentlich nicht geduldet werden…. Ohne Beleuchtung über eine rote Ampel im nächtlichen Berlin ist auch mit Sommerkleidchen und Hipsterbrille massiv asozial und selbstgefährdend…
Dieser Text ist die spontane Auslassung zu den Erfahrungen der letzten Jahre, die sich zu einem inneren Druck in den letzten Tagen durch aktuelle Beobachtungen in einer Großstadt aufbauten… daher… dieser Text ist bloggerische Selbsthilfe, ich will ja keinen Radfahrguerilla auf offener Straße anschreien.
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